Pressespiegel: energate messenger
enegate messenger: Gas Market Requires Flexible Solutions

Zürich (energate) - Die Notwendigkeit flexibler Lösungen für Gasmarktintegrationen ist die Lektion aus der baltischen Marktgebietszusammenlegung. Davon ist Kornel Balogh überzeugt, der beim IT-Anbieter Navitasoft für die Geschäftsentwicklung verantwortlich ist. Navitasoft entwickelt Software-Anwendungen für Infrastrukturbetreiber und Händler im Strom- und Gasmarkt. Der Dienstleister mit Hauptsitz in Ungarn ist vor allem in vielen zentral- und osteuropäischen Ländern stark vertreten.

Unter anderem hat Navitasoft die Software für die Zusammenlegung des lettischen und estnischen Gasmarktes entwickelt. Bis auf die Zusammenlegung von Belgien und Luxemburg sowie Dänemark und Schweden, die unter speziellen Bedingungen stattfanden, ist es bisher die einzige grenzüberschreitende Marktgebietszusammenlegung in der EU. Auch der finnische Gasmarkt ist schon teilweise in dieses Marktgebiet integriert. Größere Bedeutung könnte das baltische Marktgebiet bekommen, wenn auch der litauische Gasmarkt einbezogen wird. In Litauen gibt es ein kleines, schwimmendes LNG-Import-Terminal, zudem wird an einer bidirektionalen Pipeline zwischen Polen und Litauen gearbeitet. Der Gas Interconnector Poland-Lithuania (GIPL) soll Ende 2021 in Betrieb gehen (energate berichtete). Auch der litauische Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) Amber Grid wird die Plattform von Navitasoft nutzen.

Von den Erfahrungen im Baltikum lernen

Balogh glaubt, dass auch die westeuropäischen Fernleitungsnetzbetreiber und Regulierungsbehörden von den Erfahrungen im Baltikum - technisch sowie regulatorisch - für zukünftige Marktgebietszusammenlegungen und die dabei notwendige Entwicklung von IT-Plattformen lernen können. "Die IT-Systeme für die baltische Marktintegration sind sehr stark modular aufgebaut und nachrichtenorientiert", erläutert Balogh. In dem Projekt mit Amber Grid entwickele Navitasoft zwar die gesamte Architektur, aber der litauische FNB könne in Zukunft für die einzelnen Module ganz unterschiedliche Systeme verwenden. Ein solcher flexibler Aufbau sei im Baltikum notwendig, weil in dem zukünftigen gemeinsamen Marktgebiet gleich vier Back-End-Systeme der einzelnen FNB in die gemeinsame Marktgebietsplattform integriert werden müssen.

Auch regulatorisch sei die Situation eine andere, weil die vier FNB künftig neue Regelungen gemeinsam mit vier Regulierungsbehörden verhandeln und alle Aktivitäten direkt koordinieren müssen und die kommerziellen Prozesse nicht auf einen Marktgebietsverantwortlichen verlagert wurden. Technisch hat der IT-Anbieter für die beteiligten FNB im Baltikum im Grunde eine Art Dach-System geschaffen, über die Prozesse koordiniert werden. Dies sei sehr flexibel und ermögliche zum Beispiel die stündliche Nominierung an der litauisch-polnischen Grenze in das System der täglichen Nominierung innerhalb der baltischen Märkte technisch, aber auch regulatorisch zu integrieren. Litauen ist noch nicht Teil des baltischen Marktgebietes, wird aber möglicherweise 2022 beitreten.

Marktintegration wird auch in Westeuropa zunehmen

Eine Marktintegration auf der Grundlage der Kooperation zwischen FNB wird auch in Westeuropa in Zukunft eine größere Rolle spielen, gibt sich Balogh überzeugt. In Westeuropa könnte in Zukunft auch die implizite Kapazitätsallokation an Bedeutung gewinnen, die zwischen den baltischen Staaten 2016 vereinbart wurde, weil sie auf Kapazitätsbuchungen und die Einrichtung einer Buchungsplattform verzichten wollten. Zwischen Litauen und dem lettisch-estnischen Marktgebiet findet sie auch aktuell statt. Für Balogh ist dies auch ein weiteres Beispiel für die notwendige Flexibilität bei der Marktintegration: "Es gibt unterschiedliche Optionen wie die Kapazitätsallokation an den Außengrenzen von Marktgebieten organisiert werden kann", erläutert er. Es gebe drei mögliche Buchungsplattformen und implizite Allokationen als weitere Option. Systeme müssten offen für alle Optionen sein.

 

Dieser Artikel wurde von Heiko Lohmann verfasst und am 21. Oktober 2020 im energate messenger veröffentlicht. Der Originalartikel (Abonnement erforderlich) ist auf deren Website zu finden. © 2020 energate gmbh